Konzentrationsfähigkeit wird mehr und mehr zur Schlüsselkompetenz. Von allen Seiten winken Ablenkungen, Nachrichten heischen um Aufmerksamkeit, Hektik beherrscht den Tag in vielen Büros. Wer in dieser Umgebung den Fokus auf einzelne Aufgaben richten kann, hat klar die Nase vorn.
Fokussiert zu arbeiten bedeutet, die Aufmerksamkeit gezielt und über einen längeren Zeitraum auf einen bestimmten Gegenstand – eine Aufgabe, einen Text, ein Gespräch – zu richten.
Warum der Fokus so wichtig ist
In der heutigen Welt ist das fokussierte Arbeiten eine echte Herausforderung.
Die Aufmerksamkeitsspanne sinkt
Unsere Sinne werden ständig von Reizen überflutet. E-Mails und Messenger-Nachrichten, Lärm durch die Kollegen, ein klingelndes Telefon: Immer mehr Informationen fordern unsere Aufmerksamkeit, immer schneller springt unsere Wahrnehmung von einem Punkt zum nächsten.
Studien zeigen, dass wir durchschnittlich alle 40 Sekunden bei der Arbeit gestört werden. Kein Wunder, dass sich die Aufmerksamkeitsspanne bei den meisten Menschen im Sinkflug befindet: Einer (umstrittenen) Microsoft-Studie zufolge liegt sie gerade einmal bei 8 Sekunden – das ist weniger als bei einem Goldfisch!
Stress durch mangelnden Fokus
Viele Menschen fühlen sich durch die Flut an Informationen zunehmend gestresst, empfinden einen Zwang zur ständigen Erreichbarkeit und haben Schwierigkeiten, abzuschalten.
Da wird es Zeit, einmal einen Gang herunterzuschalten. Die Aufmerksamkeit nicht weiter zu zerstreuen, sondern zu bündeln und auf einen ausgewählten Aspekt zu fokussieren. Chris Bailey nennt dies in seinem lesenswerten Buch „Hyperfocus“ genau so: Hyperfokussierung. Die gute Nachricht ist, dass sich Fokus und Konzentration bewusst forcieren und trainieren lassen.
LEKTÜRE
Hyperfocus. Wie man weniger arbeitet und mehr erreicht. Chris Bailey, Redline 2019
Weniger Ablenkung ist mehr Konzentration
Es liegt nahe, Ablenkungen auszuschalten, um die Fokussierung zu stärken. Das ist für Sie als Sekretärin und Assistentin besonders schwierig, denn eine Ihrer Aufgaben ist, Ablenkungen von Ihrer Vorgesetzten fernzuhalten. Bei Ihnen landen noch mehr Informationen als bei anderen. Dennoch lohnt es sich, für ablenkungsfreie Zeiten zu kämpfen um auch eigene Ziele zu verfolgen.
Stille Stunden einrichten
Die erste Herausforderung für Sie besteht darin, in Ihrem Job die notwendigen Phasen der Konzentration zu schaffen:
- Fordern Sie aktiv stille Stunden ein, also Zeiten, in denen Sie nicht gestört werden dürfen. Gute Zeitpunkte für diese Forderung sind etwa neue Projekte, die Ihnen übertragen werden.
- Suchen Sie sich Verbündete. Vielleicht können Sie gemeinsam mit anderen Sekretärinnen und Assistentinnen im Haus ein Rotationsmodell entwickeln, wie Sie für alle stille Stunden einführen können und alle Chefs und Kollegen dennoch jederzeit eine Ansprechpartnerin haben.
- Bieten Sie einen Kompromiss an: Ihre Chefin darf Sie auch in den stillen Stunden ansprechen, die anderen Mitarbeiter aber nicht. Je nach Arbeitsplatz ist schon viel gewonnen, wenn zumindest die Kollegen und Kolleginnen nicht mehr jederzeit stören.
Stille Stunden sinnvoll nutzen
Die stillen Stunden sind die wertvollste Zeit Ihres Arbeitstags. Nutzen Sie sie gut!
- Achten Sie darauf, dass Ihre stillen Stunden in Ihren hochproduktiven Phasen stattfinden. Dann schaffen Sie wesentlich mehr.
- Überlegen Sie sich im Vorfeld, was Sie in dieser Zeit bearbeiten wollen. Legen Sie sich alles Notwendige zurecht: Unterlagen, Informationen, eine genaue Aufgabenbeschreibung …
- Verplempern Sie Ihre stillen Stunden nicht mit Routineaufgaben. Alles, wofür Sie sich stark konzentrieren müssen, ist eine gute Wahl.
- Leiten Sie Ihr Telefon um, schließen Sie die Tür und hängen Sie ein „Bitte nicht stören“-Schild daran. Und dann los!
Die perfekten Rahmenbedingungen für mehr Fokus
Konzentration und Fokus lassen sich durch einfache Maßnahmen steigern:
Weg mit dem Smartphone
Handys sind die größten Feinde des Fokus überhaupt. Sie bieten unendlich viel Ablenkung. Für mehr Konzentration schalten Sie Ihr Smartphone aus und verstauen es außer Sichtweite.
Eine ablenkungsfreie Umgebung
Sorgen Sie dafür, dass Ihr Umfeld Ihrem Geist möglichst wenig Gelegenheit zum Abschweifen bietet. Räumen Sie Ihren Schreibtisch auf: Alles, was nichts mit der aktuellen Aufgabe zu tun hat, verschwindet in Schränken und Schubladen. Machen Sie das frühzeitig, um keine Minute Ihrer kostbaren stillen Stunden zu verschenken.
Schreiben Sie auf, was Ihnen durch den Kopf geht
Auch in einem ablenkungsfreien Umfeld werden Ihnen Gedanken durch den Kopf gehen, die nichts mit der eigentlichen Aufgabe zu tun haben. Legen Sie sich Stift und Zettel bereit und schreiben Sie solche gedanklichen Abschweifungen auf. So signalisieren Sie Ihrem Unterbewusstsein, dass Sie sie wahrgenommen haben und sich später darum kümmern werden. Damit kann Ihre Aufmerksamkeit zurückkehren zu der Aufgabe, die Sie sich vorgenommen haben.
Was brauchen Sie sonst noch, um sich wohlzufühlen?
Was brauchen Sie, um sich konzentrieren zu können? Eine Tasse Kaffee oder Tee? Leise Musik im Hintergrund, um Umgebungsgeräusche zu dämmen? Socken an den Füßen, damit die auf keinen Fall kalt werden? Schaffen Sie sich das perfekte Umfeld.
Setzen Sie sich ein Ziel
Gehen Sie mit einem klaren Ziel in Ihre Fokusphase. Was wollen Sie erreichen? Welches Ergebnis wollen Sie am Ende der konzentrierten Arbeit vorliegen haben? Um welche Informationen geht es? Solche Fragen helfen Ihnen, das Wesentliche aus Ihrem Material herauszufiltern und Unwesentliches auszublenden.
Dieser Artikel stammt aus dem sekretaria-Magazin. Wollen Sie mehr über die neuesten Trends im Office erfahren? Dann fordern Sie jetzt Ihr kostenloses Probeexemplar an!
Loslassen für bessere Ergebnisse
Die Phase der intensiven Konzentration auf eine bestimmte Fragestellung ist nur eine Seite des Fokussierens. Die andere Seite ist die Streufokussierung, wie Bailey sie nennt. In dieser Phase machen Sie genau das Gegenteil: Sie lassen Ihre Gedanken bewusst schweifen.
Der Nutzen der Streufokussierung
Wenn Sie Ihren Gedanken freien Lauf lassen, zapfen Sie das kreative Potenzial Ihres Geistes an. Dann verknüpfen sich die Informationen, die Sie sich in einer Hyperfokusphase erarbeitet haben, zu neuen Ideen. Plötzlich finden Sie die Lösung für ein Problem, erkennen Zusammenhänge, entwickeln kreative Ansätze für die Bewältigung von Aufgaben. Die Streufokussierung ist damit das notwendige Gegenstück zum Hyperfokus. Mit ihr geben Sie Ihrem Verstand die Gelegenheit, die aufgenommenen Informationen überhaupt sinnvoll zu verarbeiten.
Streufokussierung gezielt nutzen
Für die Streufokussierung müssen Sie ebenfalls gute Rahmenbedingungen schaffen:
- Auch hier gilt: Hände weg vom Smartphone oder Ähnlichem. Wenn Sie ständig Nachrichten lesen, schweifen Ihre Gedanken nicht frei umher, sondern beschäftigen sich mit den Nachrichten. Logisch, oder?
- Am besten kommen Sie in die Streufokussierung, wenn Sie eine Tätigkeit ausüben, die nicht Ihre volle Aufmerksamkeit erfordert: ein Spaziergang in der Mittagspause, die Ablage, Aufräumen im Archiv etc. Dann sind Ihre Hände beschäftigt und Ihr Geist kann herumwandern.
- Legen Sie sich Stift und Zettel bereit, um die Ideen, wenn sie dann kommen, gleich aufzuschreiben.
Hyperfokus und Streufokus kann man lernen. Nehmen Sie sich regelmäßig vor, eine feste Zeitspanne konzentriert zu arbeiten, und beobachten Sie sich dabei: Unter welchen Bedingungen funktioniert das gut? Wann weniger? Und seien Sie nicht zu streng mit sich selbst. Wenn es heute mit dem konzentrierten Arbeiten nicht so gut klappt, starten Sie morgen einen neuen Anlauf und versuchen Sie es erneut. Mit jeder gelungenen Fokusphase wird es einfacher.
Die Autorin Cordula Natusch ist Chefredakteurin des sekretaria-Magazins, freie Texterin und Redakteurin für Unternehmenskommunikation sowie Bloggerin bei www.arbeiten-im-sekretariat.de.
www.redaktion-natusch.de