Standardeinstellung Stress – wie kann ich das ändern?

86.400 Sekunden hat ein Tag

Standardeinstellung Stress - wie kann ich das ändern?
© redermax / stock.adobe.com

Jeder und jede von uns bekommt um Mitternacht vom Leben einen wahren Schatz geschenkt: 86.400 neue Sekunden! So lang ist der Tag, der vor uns liegt. Und es ist an uns, diesen Schatz gut zu behüten.

Egal was wir tun, die Zeit verstreicht. Am Ende des Tages sind seine Sekunden unwiederbringlich aufgebraucht. Klar, wir bekommen einen neuen Tag geschenkt, aber der zurückliegende ist endgültig vorbei. Und irgendwann – das wissen wir alle – werden wir auch keinen weiteren Tag und keine weiteren Sekunden mehr geschenkt bekommen. Also sollten wir unsere Zeit gut nutzen und uns bewusst auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist, oder?

Wo bleibt unsere Zeit?

Weit gefehlt. Die meisten Menschen sind nicht besonders gut darin, das Beste aus ihrer Zeit zu machen und sich auf ihre Prioritäten zu konzentrieren. Sie sind zwar den ganzen Arbeitstag beschäftigt, schaffen aber dennoch nichts. Oder zumindest nichts von dem, was sie ihren Zielen näher bringt.

Was bestimmt unseren Tagesablauf?

Das große Problem ist, dass die meisten Menschen irgendwann die Kontrolle über ihre Zeit verloren haben. Statt selbst über ihre Arbeitsabläufe zu bestimmen, reagieren sie vorrangig auf Impulse von außen: auf E-Mails, auf Telefonanrufe und auf Terminanfragen, die sie von anderen Personen erreichen. Über alle Kanäle kommen neue Aufgaben herein. Der Druck ist groß, hier andauernd den Stand der Dinge zu kontrollieren und alle Anfragen sofort zu beantworten. Das erzeugt Stress.

Und als wäre das noch nicht belastend genug, verschwenden wir über verschiedene Apps auch noch bereitwillig unsere wertvollen Minuten und Stunden: Twitter, Facebook, YouTube, Instagram … Mit jedem Klick gönnen wir uns eine kleine Auszeit und übersehen komplett, wie viel Zeit dies kostet. Und dann ist da noch der Fernseher – einer der größten Zeitfresser überhaupt. Schnell mal bei Netflix reingeschaut und schwupp ist wieder eine Stunde vorbei! Das sorgt zwar kurzfristig für Ablenkung, langfristig aber für Unzufriedenheit.

Die Autoren Jake Knapp und John Zeratsky sprechen in ihrem empfehlenswerten Buch „Mehr Zeit“ in diesem Zusammenhang vom „Busy Bandwagon“, der andauernd neue Aufgaben liefert und uns zu höherer Produktivität anspornt, und vom „Infinity Pool“, über den wir uns permanent verfügbare Ablenkung holen können.

LEKTÜRE

Mehr Zeit. Wie man sich auf das Wichtigste konzentriert. Jake Knapp und John Zeratsky. Redline 2019

Stress ist die Standardeinstellung

Das Problem, so Knapp und Zeratsky, besteht darin, dass die Stress verursachenden Verhaltensweisen mittlerweile zu unserer Standardeinstellung im Leben geworden sind. Sie zu ändern, bedeutet Aufwand. Zeitlichen Aufwand, weil wir uns vielleicht erst einmal mit den Einstellungen unserer Smartphones beschäftigen müssen, um den Infinity Pool zu zähmen. Psychischen Aufwand, weil wir uns selbst aus dem Informations- und Ablenkungsstrom zurückziehen und lieb gewonnene Gewohnheiten aufgeben müssen. Und sozialen Aufwand, weil wir öfter mal Nein sagen müssen, um den Busy Bandwagon zu stoppen. Und dafür werden wir durchaus schief angesehen.

Es gilt also, wieder die Hoheit über die eigene Zeit zu gewinnen. Und dabei können wir jede Unterstützung brauchen. Es ist nämlich nicht einfach damit getan, dass wir nur auf unsere Willenskraft vertrauen. Die erlahmt im Laufe des Tages und je mehr wir uns anstrengen, uns vom Busy Bandwagon und vom Infinity Pool fernzuhalten, desto schwieriger wird es. Die Lösung ist erstaunlich einfach: Verhindern Sie von vornherein, dass der Aufgaben‑, Nachrichten- und Ablenkungsstrom Sie erfasst. Machen Sie es sich selbst so schwer wie möglich, tief und ohne zu reflektieren in die verschiedenen Tätigkeiten und die Ablenkungen einzutauchen.

Ändern Sie die Standardeinstellungen in Ihrem Leben

Auch wenn Sie den endlosen Strom der Aufgaben und Anforderungen nicht ganz abstellen können, können Sie ihn kanalisieren. Hinterfragen Sie die „Standardeinstellungen“ Ihrer Arbeitsweise und entscheiden Sie sich bewusst, welche Aufgabe Sie zu welchem Zeitpunkt erledigen wollen.

  • Aktualisieren Sie Ihren E-Mail-Briefkasten regelmäßig? Reagieren Sie immer sofort auf eingehende Anfragen? Dann sind Sie schnell im Hamsterrad gefangen. Priorisieren Sie Ihre Aufgaben. Das ist die zentrale Regel, wenn Sie Ihre Zeit besser nutzen wollen. Bearbeiten Sie immer zuerst die Dinge, die für Ihre eigenen Ziele hohe Priorität besitzen.
  • Wessen Nachrichten sind so wichtig, dass Sie sie sofort sehen müssen? Für diese Nachrichten aktivieren Sie die Benachrichtigungen – Hektik ade. Alle anderen können warten, bis Sie ihnen Zeit und Aufmerksamkeit schenken können und wollen. Arbeiten Sie diese zügig und in Blöcken ab – und widmen Sie sich anschließend wieder bedeutenderen Tätigkeiten.
  • Sie konnten bei Ihrem Chef „stille Stunden“ durchsetzen? Das sind die wichtigsten Zeiten in Ihrer Arbeitswoche. Nutzen Sie sie unbedingt für die Projekte, die Sie Ihren Zielen näher bringen. Machen Sie dann nicht nur die Tür zu, sondern stellen Sie Ihr Telefon nach Absprache an eine Kollegin oder einen Kollegen um und schalten Sie Ihren E-Mail-Eingang ab.

Titelbild sekretaria Magazin Juli 2024 Ein Finger stößt Dominosteien anDieser Artikel stammt aus dem sekretaria-Magazin. Wollen Sie mehr über die neuesten Trends im Office erfahren? Dann fordern Sie jetzt Ihr kostenloses Probeexemplar an!

Setzen Sie die Technik bewusst ein

Hinterfragen Sie sich doch einmal selbst: Greifen Sie bei jeder Gelegenheit zum Smartphone, um die Nachrichten zu checken? Ist es für Sie selbstverständlich, das Handy auch am Abend neben sich liegen zu haben und darauf herumzutippen? Unterbrechen Sie solche Verhaltensmuster. Nicht, indem Sie sich fest vornehmen, alles ganz anders zu machen. Sondern indem Sie die Technik für sich arbeiten lassen.

  • Deinstallieren Sie Apps, die Ihrer Meinung nach zu viel Zeit verschlingen: Facebook, ein Spiel, eine Nachrichten-App … Versuchen Sie einmal, eine Weile ohne auszukommen. Wenn es klappt, belassen Sie es dabei.
  • Zu krass? Dann können Sie die Dauer begrenzen, für die Sie die Apps nutzen können. 15 Minuten Twitter am Tag sind beispielsweise in Ordnung, danach meldet sich das Smartphone und begrenzt den Zugriff. Keine Sorge, Sie können dies einfach ignorieren und weiterhin posten, wenn Sie wollen. Aber oft reicht schon der Hinweis aus, dass bereits eine Viertelstunde vergangen ist, um Ihre Aufmerksamkeit wieder auf Wichtigeres zu lenken.
  • Immer noch zu schwierig? Dann schalten Sie zumindest die Benachrichtigungen aus, damit Ihr Smartphone nicht ständig piepst und plingt und nach Aufmerksamkeit verlangt. » Das gilt vor allem für den Feierabend: Stellen Sie Ihr Smartphone auf lautlos und nehmen Sie es zu Hause bewusst nicht aus Ihrer Tasche, um es noch vom Sofa aus zu bedienen. So haben Sie eine Chance, es zu vergessen und sich auf anderes zu konzentrieren.

Die Autorin Cordula Natusch ist Chefredakteurin des sekretaria-Magazins, freie Texterin und Redakteurin für Unternehmenskommunikation sowie Bloggerin bei www.arbeiten-im-sekretariat.de.
www.redaktion-natusch.de