Die Personalauswahl ist abgeschlossen und die neue Kollegin war vor Ort, um den Arbeitsvertrag zu unterzeichnen. Nun müssen Sie aber noch diejenigen benachrichtigen, die nicht berücksichtigt werden konnten. Eine solche Absage zu formulieren, unterliegt strengen Regeln.
Für Ihre Bewerberkorrespondenz gilt vor allem eines: Sie muss AGG-konform sein. Ihre Korrespondenz muss sich letztendlich an die gleichen Vorgaben halten, die auch für die Stellenausschreibungen gelten.
AGG-konforme Absage
Dabei reicht es heutzutage nicht mehr aus, dass Sie einen freundlichen Text formulieren, der die Abgelehnten möglichst nicht verletzt, frustriert oder zu sehr enttäuscht. Das Absageschreiben muss auch dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gerecht werden. Da die im AGG vorgesehene Beweislastverteilung klar zulasten des Arbeitgebers geht, sollten Sie sich bei der Absage möglichst vorsichtig und zurückhaltend ausdrücken. Sollte das Absageschreiben einen Verstoß gegen das AGG vermuten lassen, können Schadenersatzansprüche auf Ihren Arbeitgeber zukommen. Das Absageschreiben darf vor allem keinen Hinweis auf eines der acht in §1 AGG geschützten Kriterien (Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität) enthalten.
Indizien reichen aus
Für den Bewerber reichen Indizien aus. Kann er solche vorbringen, die beim Arbeitsgericht die Vermutung einer Diskriminierung entstehen lassen, muss der Arbeitgeber seinerseits beweisen, dass es keinen Verstoß gegen ein Benachteiligungsverbot gegeben hat. Haben Sie aber in einer Absage schon bestimmte Ablehnungsgründe genannt, kann das Arbeitsgericht sich darauf beschränken, zu prüfen, ob diese im Ablehnungsschreiben genannten Ablehnungsgründe einen Diskriminierungstatbestand erfüllen. Der Arbeitgeber kann dann nicht mehr nachträglich bei Gericht vortragen, aus welchen Gründen er hier Unterschiede gemacht hat und warum diese vielleicht sogar gerechtfertigt waren. Deshalb müssen Absageschreiben aus haftungsrechtlichen Gründen nach dem AGG möglichst neutral und vorsichtig ausfallen. Sogar die – oft nur höflich gemeinte – Floskel, dass trotz der Qualifikation des Bewerbers einem anderen der Vorzug gegeben wurde, erscheint nach dem AGG haftungsträchtig. Der abgelehnte Bewerber – und womöglich später auch das Arbeitsgericht – könnten eine solche Formulierung so verstehen, dass jedenfalls keine sachlichen, sondern offenbar „andere“ Gründe zu der Absage für den Bewerber geführt haben.
Es kommt bei den Absageschreiben auf das Detail an. Schon die Aussage „Wir haben uns für einen Bewerber entschieden, der besser zu uns passt“ kann ein Indiz für eine Diskriminierung sein. Greifen Sie besser zur folgenden Formulierung: „Wir haben uns für die/den bestqualifizierte(n) Bewerberin/Bewerber entschieden.“
Angabe von Gründen ist nicht nötig
Außerdem ist der Arbeitgeber gar nicht verpflichtet, dem abgelehnten Bewerber eine Auskunft darüber zu erteilen, ob er einen anderen Bewerber eingestellt hat (EuGH, Urteil vom 19.04.2012, C-415/10). Am besten verzichten Sie deshalb vollständig auf die Angabe von Gründen.
Häufig fragen Bewerber nach Erhalt des Absageschreibens im Unternehmen telefonisch nach den Gründen für die Nichtberücksichtigung. Abgelehnte Bewerber haben regelmäßig ein Interesse an der Erläuterung der Ablehnungsgründe, um gegebenenfalls ihre Bewerbung verbessern zu können. Hier ist jedoch insbesondere im Hinblick auf das AGG Vorsicht geboten. Sie sollten auch hier mit entsprechender Zurückhaltung antworten. Der einfachste Weg, wenn auch für den Bewerber nicht so erfreulich, ist die Aussage: „Dazu kann ich leider keine Angaben machen.“
Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen
Dem Arbeitgeber obliegen besondere Pflichten im Rahmen seiner gesteigerten Treue- und Fürsorgepflichten gegenüber schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen. Entscheidet sich der Arbeitgeber zum Beispiel gegen einen schwerbehinderten Bewerber, gibt es spezielle Informationspflichten: Unverzüglich müssen alle Beteiligten des Verfahrens unter Angabe von Gründen über diese Entscheidung unterrichtet werden. Das heißt: Sie dürfen nicht vergessen, neben dem betroffenen Bewerber auch die Schwerbehindertenvertretung und den Betriebs- bzw. Personalrat zu informieren, sofern diese Institutionen in Ihrem Betrieb eingerichtet sind.
Die Unterrichtung kann mündlich erfolgen. Eine Schriftform ist nicht vorgeschrieben, aber aus Beweisgründen dringend zu empfehlen.
Muss einem schwerbehinderten oder gleichgestellten Bewerber abgesagt werden, gilt, dass dies begründet werden muss. Bei der Formulierung sollten Sie darauf achten, dass die Absage nicht den Schluss zulässt, dass die Behinderung Grund für die Ablehnung ist. Die Begründung sollte schon deshalb kurz ausfallen und könnte auf eine bessere berufliche Qualifikation oder auf eine größere Berufserfahrung des Mitbewerbers gestützt werden. Um später den Nachweis erbringen zu können, dass der schwerbehinderte Bewerber auch tatsächlich eine Begründung für die Absage erhalten hat, sollten Sie diese per Einschreiben/ Rückschein verschicken.
CHECKLISTE
Diese Unterlagen sollten Sie mindestens drei Monate nach Versand der letzten Absage aufbewahren:
- die Stellenausschreibung
- die Anschreiben eines jeden Bewerbers
- die zusammengestellten diskriminierungsfreien Kriterien, nach denen die Auswahl getroffen wurde
- die dokumentierten diskriminierungsfreien Gründe, die zur Absage führten (Beispiele: unvollständige Bewerbungsunterlagen, keine einschlägige Ausbildung bzw. kein passendes Studium, unpünktlich zum Vorstellungsgespräch erschienen usw.)
- das Absageschreiben mit dem Datum der Versendung
- Lesebestätigung des Empfängers bei elektronischen Absagen.
Wenn Ihnen ein durch das AGG geschütztes Merkmal bei einem Bewerber bekannt wurde, wie zum Beispiel eine Behinderung, Leben in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, eine Schwangerschaft usw., dann sollten Sie darüber hinaus eine Kopie der gesamten Bewerbungsunterlagen aufbewahren.
Auf die Dokumentation kommt es an
Ein abgelehnter Bewerber, der sich auf das AGG beruft, muss seine Ansprüche schriftlich und binnen einer Frist von zwei Monaten vorbringen. Diese Frist beginnt mit Zugang der Ablehnung. Sie werden den genauen Zugang des Ablehnungsschreibens nicht beweisen können, da Sie nicht jede Absage mit Einschreiben/Rückschein versenden. Trotzdem sollten Sie das Datum der Versendung der Absage dokumentieren und eine Kopie der Absage für mindestens drei Monate aufbewahren.
Wenn Sie elektronisch absagen, können Sie mit dem Absageschreiben eine Lesebestätigung des Empfängers abspeichern. Dann haben Sie einen Beleg für den Zeitpunkt, in dem der Empfänger die E-Mail gelesen hat.
Das AGG im Unternehmen
Das AGG betrifft nicht nur Absagebriefe, sondern alle Bereiche eines Unternehmens. So können Sie typische AGG-Fallen erkennen.
Die Autorin Dr. Stephanie Kaufmann-Jirsa ist Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei in Feldafing, Expertin für Arbeitsrecht und Arbeitszeugnisse sowie Autorin von Fachbüchern zum Thema. Zudem bietet sie Vorträge und Seminare zu arbeits- und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen sowie zum Arbeitszeugnis an.