Im Grund genommen ist die Kleinschreibung in der neuen Rechtschreibung nicht schwierig: Alle Wörter außer den Substantiven (und am Satzanfang) beginnen mit einem kleinen Buchstaben. Wie so oft liegt der Teufel im Detail.
Zweifelsfälle bei der Kleinschreibung
“Das Unternehmen ist pleite.” Obwohl das Wort “Pleite” eigentlich ein Substantiv ist, wird es in dem genannten Beispielsatz klein geschrieben – weil es als Verbindung mit dem Verb “sein” verwendet wird. Weitere Rechtschreibregeln zur Kleinschreibung legen zum Beispiel fest, dass “abends” und “donnerstags” mit einem kleinen Buchstaben beginnen, ebenso wie die Wortgruppe “über kurz oder lang”. Die Ähnlichkeit mit den “richtigen” Substantiven sorgt hier immer wieder für Verwirrung. Mit den drei wichtigsten Regeln zur Kleinschreibung sind Sie auch in Zweifelsfällen künftig immer auf der sicheren Seite!
1. Regel: Vermeintliche Substantive
Die erste Regel zur Kleinschreibung lautet: Klein schreibt man Wörter, die mit Substantiven formgleich sind, aber selbst keine substantivischen Merkmale aufweisen. Anders gesagt: Diese Wörter sehen zwar aus wie Substantive, sind aber keine. Wir unterscheiden dabei sechs Fälle:
- Mit “sein”, “bleiben” oder “werden” gebrauchte Wörter, wie “angst”, “bange”, “fein”, “freund”, “gram”, “klasse”, “leid”, “pleite”, “recht”, “schuld”, “spitze”, “unrecht” und “weh” müssen Sie kleinschreiben.
Zum Beispiel: Mir wird angst. Sein Vorschlag ist klasse. Die Firma ist pleite. - Der erste Bestandteil zusammengesetzter Verben beginnt klein, wenn dieser in getrennter Stellung auftritt. Das klingt kompliziert, ist aber ganz einfach, wie Sie an folgendem Beispiel sehen: “teil” in “teilnehmen” wird kleingeschrieben. Wenn “teil” in einem Satz wie: “Er nimmt an dem Meeting teil”, getrennt steht, wird es in Einklang mit unserem Sprachgefühl ebenfalls kleingeschrieben.
Zum Beispiel: Die Besprechung findet morgen statt. Man sah ihm an, wie leid ihm die Entscheidung tat. Daran ist er keinesfalls schuld. - Ableitungen von Substantiven auf -s und -ens unterliegen der Kleinschreibung.
Zum Beispiel: abends, anfangs, donnerstags, hungers (hungers sterben), willens, rechtens (sein), angesichts, mittels, namens, seitens, falls, teils … teils - Von Substantiven abgeleitete Präpositionen müssen Sie ebenfalls kleinschreiben.
Zum Beispiel: dank (seines Eingreifens), kraft (seines Amtes), laut (Anklage), statt, an … statt, trotz, wegen, von … wegen, um … willen, zeit (seines Lebens) - Die unbestimmten Zahlwörter “ein bisschen” (=ein wenig) und “ein paar” (=einige) beginnen immer klein.
- Bruchzahlen auf -tel und -stel werden stets kleingeschrieben.
Zum Beispiel: ein zehntel Millimeter, in fünf hundertstel Sekunden, nach drei viertel Stunden, um viertel fünf, gegen drei viertel acht
2. Regel: Kleinschreibung trotz substantivischer Eigenschaften
Die zweite Regel lautet: In einigen Fällen schreibt man Adjektive, Partizipien und Pronomen klein, obwohl sie formal Merkmale der Substantivierung aufweisen. Die fünf wichtigsten Fälle sind:
- Feste Verbindungen aus Präpositionen und nicht dekliniertem Adjektiv ohne vorangehenden Artikel schreibt man klein.
Zum Beispiel: von fern, von nah und fern, gegen bar, durch dick und dünn, über kurz oder lang, von klein auf, für wahr (halten), für dumm (verkaufen), zu eigen (machen) - Feste Verbindungen aus Präpositionen und dekliniertem Adjektiv ohne vorangehenden Artikel können Sie sowohl klein- als auch großschreiben.
Zum Beispiel: von neuem/Neuem, von weitem/Weitem, bis aus weiteres/Weiteres, seit längerem/Längerem, binnen kurzem/Kurzen - Pronomen, auch wenn sie als Stellvertreter von Substantiven gebraucht werden, müssen Sie generell kleinschreiben.
Zum Beispiel: So mancher hat hier schon resigniert. Ich habe mich mit diesem und jenem unterhalten. Das muss (ein) jeder mit sich ausmachen. Lesen Sie sich alles in Ruhe durch. Wir wollen beides erreichen – schneller liefern und die Preise senken.
In Verbindung mit dem bestimmten Artikel können Sie diese Wörter aber auch großschreiben.
Zum Beispiel: Sie trug das ihre/Ihre zum Gelingen bei. Jedem das seine/Seine. - Bei den folgenden Zahladjektiven können Sie zwischen Klein- und Großschreibung wählen: “viel”, “wenig”, “(der, die, das) eine”, “(der, die, das) andere”
Zum Beispiel: Das haben schon viele miterlebt. Die meisten haben zugestimmt. Nach dem Brand war nur noch weniges zu gebrauchen. Es steht etwas anderes an. Aber auch: Sie strebt etwas ganz Anderes an. Die Einen sagen dies, die Anderen das. - Kardinalzahlen unter einer Million beginnen mit einem kleinen Buchstaben.
Zum Beispiel: Was drei wissen, wissen bald dreißig. Sie rief um fünf an. Wir waren an die zwanzig. Der Abschnitt sieben fehlt im Text. Hier leben viele Menschen über achtzig.
Wenn “hundert” und “tausend” eine unbestimmte Menge angeben, können Sie diese Wörter als Zahlsubstantive auch großschreiben.
Zum Beispiel: Es kamen tausende/Tausende von Zuschauern. Sie strömten zu aberhunderten/Aberhunderten herbei.
3. Regel: Feste Wortverbindungen
Die dritte Regel lautet: In festen Verbindungen aus Adjektiv und Substantiv, die keine Eigennamen sind, schreibt man Adjektive klein.
Diese Regel bezieht sich auf Beispiele wie:
das autogene Training, das neue Jahr, die höhere Mathematik, die graue Maus, eine schöne Bescherung, das tolle Treiben, der bunte Hund usw.
Allerdings gibt es zwei Ausnahmen von dieser Regel:
- Wenn Sie hervorheben möchten, dass eine solche Verbindung eine neue Gesamtbedeutung bekommen hat, können Sie das Adjektiv großschreiben.
Zum Beispiel: Das schwarze Brett/Schwarze Brett (= Anschlagtafel, kann auch grün sein), der Weiße Tod (= Lawinentod) - Bei Titeln, Ehrenbezeichnungen, Amts- und Funktionsbezeichnungen, besonderen Kalendertagen und bei fachsprachlichen Bezeichnungen im weitesten Sinne ist es ebenfalls üblich, das Adjektiv großzuschreiben.
Zum Beispiel: der Regierende Bürgermeister, der Technische Direktor, der Heilige Abend, der Erste Mai, Fleißiges Lieschen, Schwarze Witwe, Gelbe Karte, Goldener Schnitt