Carpe diem: Mehr Gelassenheit – auch in schwierigen Situationen

Mehr Gelassenheit – auch in schwierigen Situationen
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Wir kennen das nur zu gut aus unserem Berufsalltag: Gerade in hektischen und stressigen Situationen im Büro wünschten wir uns manchmal mehr Ruhe und Gelassenheit. Denn Hektik und starke Emotionen blockieren den Verstand und verhindern damit objektives Denken. Es folgen irrationales Verhalten und unbedachte Reaktionen. Aber keine Sorge: Ruhe und Gelassenheit kann man lernen und trainieren.

Glaubenssätze: Die innere Einstellung ist entscheidend

Um gelassen zu sein, sollte man sich bewusstmachen, ob man sich gedanklich eher mit negativen Erwartungen – auch „self-fulfilling-prophecy“ genannt – beschäftigt. Denn wenn Sie an eine Situation herangehen, von der Sie überzeugt sind, dass sie am Ende sowieso nicht gelingen wird, verringern sich die Erfolgschancen erheblich.

Auch negative Glaubenssätze, die aufgrund von Erziehung und Erfahrungen mit den Jahren entstanden sind, behindern ein gelassenes Verhalten. Diese Muster sollten Sie sich ins Bewusstsein rufen und es hinterfragen. Glaubenssätze wirken in unserem Unterbewusstsein und sind wie programmierte Filter in unserer Wahrnehmung. Da wir sie als Realität erleben, prägen sie unser Verhalten und unsere Lebensmotive. Der Glaubenssatz „Ich bin mir sicher, dass das Gespräch mit dem Chef sowieso wieder nicht gut verlaufen wird“ kann uns derart beeinflussen, dass wir andere Informationen gar nicht erst wahrnehmen und zulassen. Wir gehen gleich vom Negativen aus, räumen dem Positiven keine Chance ein und verpassen damit vielleicht interessante Aussagen des Vorgesetzten und Möglichkeiten. Glaubenssätze und Gelassenheit hängen daher eng zusammen. Nur wenn verinnerlichte Glaubenssätze reflektiert und hinterfragt werden, wird es uns möglich, eingefahrene Blickwinkel und Ableitungen zu verändern.

Auch Generalisierungen, wie zum Beispiel „das ist immer so“ oder „es ist falsch, wenn …“ sollten überdacht werden, um Raum für eine andere Denkweise zuzulassen. Wenn wir festgefahrene Glaubenssätze, Vorurteile und Generalisierungen hinterfragen bzw. relativieren, schaffen wir es leichter, auf schwierige Situationen gelassener zu reagieren. So werden bestimmte Problemstellungen gar nicht erst entstehen.

Raus aus der Perfektionsfalle

Gerade im Büro möchten wir möglichst perfekt arbeiten und immer 120 Prozent abliefern. Wir setzen uns selbst unter Stress und haben oft das Gefühl, es nicht gut genug gemacht zu haben. Wollen wir jedoch stets perfekt sein, geht die Fähigkeit der Gelassenheit verloren. Es ist wichtig, sich auch einmal Fehler einzugestehen und die Unterstützung von Kollegen anzunehmen.

Wichtig ist es, nach Relevanz zu entscheiden, denn Perfektion ist an der richtigen Stelle schon sehr wichtig. Sie ist jedoch nicht immer und überall angebracht. Hinterfragen Sie daher:

  • Bei welchen Tätigkeiten genügen auch 80 statt 120 Prozent?
  • Welche Arbeiten können auch am nächsten Tag erledigt werden?
  • Muss ich das unbedingt erledigen?
  • Wo ist Perfektion absolut notwendig?
  • Was kann weggelassen werden, ohne dass gleich etwas schief geht?
  • Was kann ich heute noch für mich tun?

Denn nur, wenn man sich auch selbst wichtig nimmt und sich um seine Bedürfnisse sorgt, fühlt man sich ausgeglichen. Wer sich stets vernachlässigt und im Hamsterrad läuft, spürt irgendwann ein Defizit, das äußerst unzufrieden macht. Hier kommen weder gute Laune noch Gelassenheit auf. Wer etwas für sich tut, hat mehr Lebensfreude und die ist die Basis für mehr Gelassenheit.

So trainieren Sie gelassenes Verhalten

Raus aus den stereotypen Mustern: Sie haben die Wahl, wie Sie sich in bestimmten Situationen verhalten. Lässt zum Beispiel ein Kollege eine beleidigende Bemerkung über Ihre Arbeitsleistung fallen, können Sie entweder gleich aufbrausend darauf reagieren oder Sie bleiben erst einmal ruhig und lassen die Worte an sich abprallen.

Auch wenn es schwer fällt, versuchen Sie, nicht gleich emotional gesteuert auf die unangebrachte Aussage zu reagieren und in eine Verteidigungshaltung zu gehen. Zählen Sie innerlich langsam bis 10 und atmen dabei ruhig ein und aus, um wieder objektiv und weitsichtig reagieren zu können. Wenn Sie emotional im Gleichgewicht sind, könnten Sie beispielsweise schlagfertig kontern: „Vielen Dank für die Lebenshilfe“ oder „Finden Sie Ihre Äußerung eigentlich angemessen?“ Versuchen Sie den verbalen Angriff nicht persönlich zu nehmen, sondern sich nur auf die Sache zu konzentrieren.

Eine andere Möglichkeit wäre, das Gesagte einfach zu ignorieren. Denn Schweigen ist oft die beste Antwort. Gehen Sie mit keiner Regung auf die Unverschämtheit des Kollegen ein und zeigen Sie Souveränität und Stärke, indem Sie sich nicht auf das gleiche Niveau einlassen. Somit muss der andere die Stille und den Nachklang seiner unangebrachten Worte ertragen. Nicht zu reagieren ist auch eine elegante Form der Zurechtweisung.

Oder Sie ärgern sich über eine Kollegin, die zum wiederholten Male versucht, ihre Arbeit aus reiner Bequemlichkeit auf Sie abzuwälzen. Bleiben Sie gelassen und haben Sie den Mut, auch mal frecher und selbstbewusst zu sein, anstatt es immer allen recht machen zu wollen. Dabei ist es entscheidend, WIE Sie etwas sagen. Beispielsweise freundlich aber bestimmt so zu reagieren „Schön, dass Du fragst, aber ich habe heute leider keine Zeit dafür, da ich gerade selbst viele Aufgaben zu erledigen habe. Bitte versuche es doch selbst oder frage jemand anderen um Hilfe“, könnte eine souveräne Reaktion sein. Das zeugt zudem von Professionalität, da Sie Ihre Arbeit priorisieren und ernst nehmen.

Machen Sie sich immer bewusst: Sie entscheiden ganz allein, wem Sie die „Macht“ geben, Sie emotional aus der Bahn zu werfen und in Rage zu versetzen.

Sofortmaßnahmen gegen Stress

Wenn es doch einmal mit einem Kollegen gekracht hat und Sie innerlich kochen, helfen folgende Exit-Strategien:

  • Verlassen Sie die Situation und gehen Sie an einen Ort, wo Sie alleine sind
  • Solange tief ein- und ausatmen, bis sich die Muskulatur wieder entspannt hat und Sie wieder ruhig atmen können
  • Gedanken umleiten und sich auf Dinge konzentrieren, die Sie gerade sehen
  • An die frische Luft gehen, durchatmen und zügig laufen.
  • Treppenlaufen hilft, den Adrenalinspiegel abzubauen und wieder objektiv denken zu können.
  • Oft helfen auch Entspannungstechniken, wie Yoga oder progressive Muskelentspannung sowie Achtsamkeitsübungen, um schnell wieder ausgeglichen zu werden.

So bleiben Sie trotz Wut im Bauch in einer starken und überlegenen Situation. Das Wichtigste ist, die Emotion wieder in den Griff zu bekommen und sich nicht zu einer Reaktion hinreißen zu lassen, die Sie am Ende bereuen.

„Gelassenheit ist eben die angenehmste Form des Selbstbewusstseins“, wie schon einst Marie von Ebner-Eschenbach sagte.

Tanja Bögner ist diplomierte fremdsprachliche Management-Assistentin, Vorstandsassistentin, Trainerin für Themen rund ums Office-Management, Personal & Business Coach, Fachbuchautorin und seit über 30 Jahren im internationalen Assistenzbereich bei namhaften Wirtschaftsunternehmen tätig. Sie ist Herausgeberin des sekretaria-Magazins und gibt auf sekretaria.de Praxistipps aus ihrem Büro-Alltag. Weitere Infos unter: tanjaboegner.de