Wo sich die einen krumm und buckelig arbeiten, macht der andere höchstens Dienst nach Vorschrift – das kennen Sie? Warum Sie als Assistentin und Sekretärin eine „innere Kündigung“ nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten und wie Sie vermeiden, dass die Unlust eines Kollegen das ganze Team in den Abgrund reißt, lesen Sie hier.
Zwei von drei Mitarbeitern fühlen sich ihrem Chef nicht mehr verbunden und leisten nur noch Dienst nach Vorschrift. 15 Prozent aller Kollegen haben sogar innerlich gekündigt – das ist das Ergebnis des aktuellen Engagement Index für Deutschland des Meinungsforschungsinstituts Gallup . Diese fatale Unlust schadet nicht nur dem Chef, wenn die Leistung trotz gleich bleibender Besetzung sinkt.
Hat einer innerlich gekündigt, leiden bald auch die anderen
Hat die Kollegin/der Kollege erst einmal aufgegeben, färben die Folgen der inneren Kündigung auch auf das Umfeld ab:
- Die neue Unlust enttäuscht und verprellt Kunden und Geschäftspartner.
- Die Kollegen werden zunehmend frustriert und möglicherweise mit dem Wunsch nach (innerer) Kündigung „angesteckt“. Denn warum sollen sie sich noch engagieren, wenn die schlechte Arbeit des Kollegen doch so offensichtlich folgenlos geduldet wird?
- Bald sinken allgemeine Einsatzbereitschaft und Leistungen der Abteilung/des Teams.
Dass die Teamstimmung kippt, merken Sie als Assistentin oft als Erste
Sie sitzen als Assistentin und Sekretärin zwischen Kollegen und Ihrem Chef auf der besten Vermittler-Position. So können Sie die Zwischentöne frustrierter Mitarbeiter besser heraushören, als etwa Ihr oft abwesender Chef – und ihn rechtzeitig aufmerksam machen, wenn die Teamstimmung zu kippen droht.
Natürlich sollen Sie Ihrem Chef nicht gleich alles stecken, was Ihre Kollegen so bewegt. Vielmehr geht es darum, ihn mit Fingerspitzengefühl zu sensibilisieren, wenn eine Kollegin/ein Kollege innerlich aufgegeben hat und das Betriebsklima einen Knacks bekommt.
Bei diesen Warnsignalen ist die innere Kündigung oft schon „unterschrieben“
Sätze wie „Warum soll ich mich noch engagieren? Das bringt doch eh nichts. Die Chefs machen eh, was sie wollen!“ sind typisch für frustrierte Kollegen. Hören Sie diese Sätze allerdings immer öfter und über längere Zeit, sollten Sie hellhörig werden für die folgenden Warnsignale: Die Kollegin/der Kollege
- wirkt seit einigen Wochen lustlos, frustriert und sarkastisch
- engagiert sich – anders als früher – deutlich weniger bzw. kaum noch
- bringt sich in Teambesprechungen nicht mehr aktiv ein
- spottet über Äußerungen oder das Engagement der anderen
- hat deutlich weniger oder gar keine eigenen Ideen mehr
- akzeptiert Kritik und Sanktionen emotionslos mit einem Schulterzucken
- zieht sich auch persönlich immer mehr zurück
- meidet private Plaudereien in der Mittagspause oder gesellige Betriebsfeste, Feiern und Treffen nach Feierabend.
Ansprechen, aber nicht „verpetzen“
Sprechen Sie die Kollegin/den Kollegen in einem Vier-Augen-Gespräch an:
- Schildern Sie ihr/ihm vorsichtig Ihren Eindruck: „Mir ist aufgefallen, dass Sie sich in unseren Besprechungen seit einiger Zeit nicht mehr so oft zu Wort melden. Früher schienen Sie doch Spaß am offenen Meinungsaustausch zu haben. Hat Ihre Zurückhaltung einen bestimmten Grund?“
- Achten Sie auf jedes Wort Ihres Gegenübers. Selbst, wenn keine innere Kündigung dahinter steckt, belastet Ihre Kollegin/Ihren Kollegen eventuell eine private Trennung, Krankheit in der Familie oder sonstige schwere Sorgen.
- Gehen Sie auf Ihren Gesprächspartner ein und fragen Sie, was möglicherweise helfen könnte, welche Lösung sie/er sich wünscht und wie Sie bzw. Ihr Chef helfen könnten.
- Motivieren Sie Ihre Kollegin/Ihren Kollegen zum Vier-Augen-Gespräch mit dem Chef.
- Zeigt Ihnen Ihr Gegenüber deutlich, dass er daran kein Interesse hat, und ist seine innere Kündigung aber offensichtlich, sollten Sie erwägen, Ihren Chef vorsichtig auf die heikle Situation hin anzusprechen.
Wichtig bei jedem Schritt ist, dass Sie diskret mit den sensiblen Informationen umgehen und das gute Vertrauensverhältnis zur Kollegin/zum Kollegen bewahren.
Wie Sie die „Antennen“ Ihres Chefs für frustrierte Mitarbeiter aktivieren
Ja, Ihr Chef hat viel um die Ohren. Aber als Führungskraft unterliegt er auch der gesetzlichen Fürsorgepflicht und muss für das bestmögliche Engagement seiner Mitarbeiter sorgen. Deshalb ist es in seinem Sinne, ein Gespür zu entwickeln, wann Kollegen innerlich aufgeben und kündigen.
Fragen Sie ihn zunächst möglichst wertfrei, ob ihm etwas an der Kollegin/ dem Kollegen aufgefallen ist, die/den Sie für gefährdet halten. Egal, ob ja oder nein, beschreiben Sie ihm kurz Ihre Beobachtungen, wie: „Herr Drüsig wird immer stiller. Er war doch früher so wortgewandt. Mir ist aufgefallen, dass er sich bei unseren Besprechungen in letzter Zeit gar nicht mehr einbringt.“
Selbst wenn Ihr Chef nicht augenblicklich zustimmt, haben Sie ihn für die (Not-)Lage sensibilisiert. Bitten Sie ihn dann bei Gelegenheit, diplomatisch das Gespräch mit der/dem Betroffenen zu suchen und die Ursachen für das Problem anzugehen. Mit etwas Glück und Fingerspitzengefühl können Sie und Ihr Chef so die innere Kündigung aufheben und eine wertvolle Mitarbeiterin/einen wertvollen Mitarbeiter neu motivieren und gewinnen.
In der Oktober-Ausgabe: Mein Chef geht, ich bleibe
Mein Chef geht, ich bleibe. Das bedeutet nichts Gutes, oder doch? Machen Sie sich bei der/dem Neuen schnell unentbehrlich und stellen Sie Ihre Chef-Assistentin-Beziehung gleich ab Tag eins auf ein solides Fundament. Tipps, Techniken und Arbeitshilfen dafür finden Sie in der Oktober-Ausgabe von sekretaria.de – das Magazin.