Katharina Raab ist Vorstandssekretärin bei der DB Regio AG und engagiert sich seit Langem für die interne Vernetzung der Sekretärinnen im Unternehmen. Für sekretaria sprach Diana Brandl mit ihr über ihre Erfahrungen beim Netzwerken in einem Großkonzern.
Katharina Raab
ist Vorstandssekretärin bei der DB Regio AG. „Das Geheimnis unserer Zusammenarbeit? Vielleicht, dass wir zwei komplett unterschiedliche Typen sind. Jeder von uns hat seine „special effects“ (ich mag das Wort Macken nicht so gern) und die gilt es gegenseitig zu tolerieren oder sogar zu nutzen.“
sekretaria Magazin: Frau Raab, bitte stellen Sie sich und Ihren Werdegang unseren Lesern kurz vor.
Katharina Raab: Herzlichen Dank für die Möglichkeit für dieses Interview, ich freue mich sehr. Ich bin 36 Jahre alt, verheiratet und lebe in der Nähe von Karlsruhe. Ich liebe es, zu organisieren und zu kommunizieren, und der Kontakt zu anderen Menschen ist mir sehr wichtig. Zudem packte mich schon immer die Reiselust. Mein Schüler-Praktikum machte ich daher in einem Reisebüro und mein Traum war es eigentlich einmal, am Frankfurter Flughafen zu arbeiten. Aus Flugzeugen wurde bekanntlich nun die Bahn. Doch wie kam ich dahin?
Ich wollte nie studieren und habe daher nach dem Abitur in 2002 meine Ausbildung zur Industriekauffrau bei der DB Bahnbau in Karlsruhe begonnen. Während dieser Ausbildung konnte ich schon erste Erfahrungen mit dem Sekretariatsumfeld sammeln. Das war eine lustige Geschichte, die ich gern einmal erzähle. Anke, die damalige Sekretärin der Niederlassungsleitung, war kurzfristig erkrankt. Es gab keine feste Vertretung, aber ich wollte ihr gern helfen, denn wir haben uns privat gut verstanden, und so bin ich spontan eingesprungen. Natürlich war alles sehr aufregend für mich. Anke hatte eine feste Telefon-Standleitung zu mir ins Büro und konnte mich so über die Ferne anleiten und steuern. Ich habe die Tage gut gemeistert und zugleich meine Leidenschaft für diesen Beruf entdeckt. Somit wurde aus der einmaligen dann eine dauerhafte Vertretung. Tja, so mag man quasi festhalten, dass Anke mich zu diesem Beruf gebracht hat.
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Nach meiner Ausbildung bot man mir eine Stelle als Teamleiterin für ein kleines Bauabrechnungsteam an. Allerdings habe ich bald gemerkt, dass das nicht die richtige Tätigkeit für mich ist. Als unser früherer Niederlassungsleiter mir dann anbot, als seine Sekretärin in die Zentrale der DB Netz AG nach Frankfurt zu wechseln, nahm ich das Angebot kurzerhand an, auch wenn dies private Einschnitte für mich bedeutete, denn Frankfurt ist nun mal nicht gleich um die Ecke.
Nach etwa einem Jahr wechselte mein Chef nach Berlin. Er wollte mich mitnehmen, ich jedoch nicht umziehen. So wartete ich, was als Nächstes passiert, und kurz darauf wurde ich durch eine Empfehlung angesprochen, ob ich den Bereich innerhalb der DB Netz AG wechseln möchte. Gesagt – getan. Bei diesem Chef blieb ich dann viele Jahre und bin mit ihm zusammen später in den Vorstand der DB Regio AG gewechselt, wo ich jetzt noch immer arbeite.
Wie sieht Ihre aktuelle Stelle aus?
Seit 2016 arbeite ich als Sekretärin von Oliver Terhaag, Vorstand Produktion der DB Regio AG. Er betreut alle Vorgänge rund um den Betrieb und die Technik aller Nahverkehrszüge. Dazu gehören zum Beispiel Instandhaltung, Fahrzeugtechnik, Betriebssicherheit, Audits und vieles mehr. Die DB Regio AG ist die Nahverkehrssparte im DB-Konzern. Hier dreht sich alles um Regionalverkehr, S-Bahnen und Busse. Deutschlandweit agieren ca. 36.000 Mitarbeiter in verschiedenen Berufen für die DB Regio AG.
Das sagt Katharina Raabs Chef:
“Frau Raab ist eine echte Kümmerin, sie hat immer offene Augen für ihr Umfeld, und ich kann mich 100% auf sie verlassen. Sie lebt ihren Beruf spürbar mit großer Leidenschaft und ist auch in Zeiten hoher Anspannung immer engagiert und sehr unterstützend.“
Wir arbeiten im Trio, Herr Terhaag, sein Assistent (DB-interner Begriff für Referent) und ich. Ich bin für alle organisatorischen und administrativen Aufgaben zuständig, führe den Kalender, den Schriftverkehr, verwalte die Reisen und plane Veranstaltungen. Die Assistenz arbeitet an inhaltlichen Themen, begleitet Meetings, führt Protokoll und bereitet Termine vor und nach. Wir begegnen uns dabei auf Augenhöhe, denn bei uns fließen die Übergänge der Vorgänge und Aufgaben sehr ineinander. Jeder hat seine Aufgabenschwerpunkte, aber wir könnten jederzeit die Rolle des anderen übernehmen, denn wir haben gleiche Rechte und Zugriffe. Es gibt auch kein Hierarchiedenken und dies schätze ich sehr.
Wäre die Assistentenrolle denn nicht die interessantere Tätigkeit für Sie?
Nein. Möglichkeiten hätte es immer mal wieder gegeben. Doch ich mag „meine Seite des Schreibtischs“ äußerst gern, die Aufgaben machen mir viel Spaß und durch die fließenden Übergänge und durch unsere Vertretungsregelung kann ich ja trotzdem regelmäßig Assistenzaufgaben machen.
Beschreiben Sie uns die Zusammenarbeit mit Ihrem Chef. Sind Sie digital aufgestellt oder doch noch an der ein oder anderen Stelle analog unterwegs?
Seit 2,5 Jahren arbeite ich nun mit Oliver Terhaag. Mit meinem vorherigen Chef habe ich in unterschiedlichen Funktionen fast 10 Jahre zusammengearbeitet. Auch Herr Terhaag hat vor mir sehr lange mit seiner Sekretärin gearbeitet, somit war es für uns beide eine Umstellung. Wir haben in der ersten Zeit viele offene Gespräche geführt und gegenseitig Feedback gegeben. Das war sehr wertvoll und so konnten wir schnell das Vertrauen aufbauen, das für unsere Zusammenarbeit so wichtig ist.
Wie arbeiten wir? Jeden Montag starten wir gemeinsam mit der Assistenz in die Woche und führen einen 90-minütigen Jour Fixe zu dritt. Dies ist immer der erste Termin am Montag, es sei denn, Herr Terhaag ist auf Reisen. Herr Terhaag war zu Anfang noch eher analog und mit Papier unterwegs. Ich hatte mir fest vorgenommen, unsere Abläufe nach und nach zu digitalisieren. Bisher haben wir einiges erreicht, zum Beispiel habe ich zusammen mit der IT ein Tablet für ihn aufgesetzt, mit dessen Hilfe ich ihm die Vorteile des mobilen Zugriffs auf Unterlagen und E-Mails erklären konnte. Und was soll ich sagen – wir agieren mittlerweile fast papierlos, die Ablage ist digital, OneNote ist im Einsatz und auch Office 365 wird demnächst eingeführt. Da werden wir uns dann noch weiter austoben können.
Ich schätze an der Zusammenarbeit mit Herrn Terhaag, dass er mich fordert, aber zugleich auch fördert. Ich bekomme Projekte auf den Tisch, in die ich mich einarbeiten muss und die mich herausfordern. Eines davon ist zum Beispiel die Erarbeitung und Etablierung einer Vertretungsregelung für alle Bereichsleitungssekretariate unseres Ressorts. Auch ein großer Umzug steht in zwei Jahren an und mein Chef hat mich gebeten, im Projekt an der Gestaltung der Vorstandsbereiche mitzuarbeiten.
Er fordert mich aber auch immer wieder in Fragen der Produktivität und Effizienz heraus. Wie können Digitalisierung und der E-Workflow optimiert werden? Wie können wir unseren Jour Fixe verbessern?
Weiterbildung ist sehr wichtig für mich. Ich darf einmal jährlich ein externes Seminar besuchen, da ich bei unserem konzerninternen Dienstleister DB Training bereits alle relevanten Seminare besucht habe. Aber gerade auch das externe Netzwerken bringt mir immer wieder spannende Impulse und Kontakte, die ich gewinnbringend für die DB einsetzen kann.
Unter Förderung verstehe ich auch die Gestaltung meiner Arbeit. Herr Terhaag lässt mir hier viel Freiheit bezüglich Arbeitszeit, Urlaub oder generellen Rahmenbedingungen. Wir agieren in keinem starren Korsett, sondern in vertrauensvoller Zusammenarbeit und im Wissen, dass jeder von uns auch ohne Regeln das tut, was eben gerade erforderlich ist. Auch aus dem Homeoffice kann ich arbeiten, was mir durch mein tägliches Pendeln natürlich entgegenkommt.
Das schönste Geschenk, welches ich aber von meinem Chef bekommen kann ist jedoch, dass er vorbehaltlos hinter mir steht. Er würde mich immer verteidigen und mir den Rücken stärken und das ist sehr schön zu wissen. Das Geheimnis unserer erfolgreichen Zusammenarbeit? Vielleicht, dass wir zwei komplett unterschiedliche Typen sind. Jeder von uns hat seine „special effects“ (ich mag das Wort Macken nicht so gern) und die gilt es gegenseitig zu tolerieren oder sogar zu nutzen. So funktioniert es wunderbar.
Sie sind bereits als Auszubildende zur Deutschen Bahn gekommen und somit eine äußerst loyale Mitarbeiterin. Einmal Bahn, immer Bahn?
Ja, das hätte ich wohl selbst nie gedacht, aber für mich stimmt es: einmal Bahn, immer Bahn. Eisenbahner zu sein ist fast schon eine Lebenseinstellung und zugleich eine große Familie. Ich habe damals schnell gemerkt, dass die DB ein toller Arbeitgeber ist. Der Konzern ist so groß, es gibt unglaublich viele Berufsarten und somit fast unendliche Möglichkeiten, die einem offenstehen. Es gibt eine generelle gute Förderung und Sozialleistungen, die man woanders lange suchen muss. Dies hat mir immer wieder gezeigt, dass die Bahn mein Arbeitgeber ist.
An was denken Sie im Besonderen in Ihrer Anfangszeit bei der Bahn gern zurück?
Ich habe mich sofort wohl gefühlt. Der Zugang fiel mir leicht, da ich ein gutes technisches Verständnis habe und immer tief in die Materie eintauchen möchte. Am zweiten Tag meiner Ausbildung bei DB Bahnbau habe ich schon gefragt, wann ich denn einmal mit auf eine Baustelle dürfte. Sie können sich den Blick des Chefs vielleicht selbst vorstellen, aber es klappte am Ende. Mit dieser „hands on“-Einstellung mache ich meinen Job auch heute noch.
Sie sind eine starke Netzwerkerin und fördern schon seit Jahren das Assistenz-Netzwerk der DB Regio. Erzählen Sie uns mehr davon.
In der täglichen Arbeit ist der Kontakt zu den Sekretariaten der Bereichsleiter und regionalen Produktionsleiter besonders intensiv. Dass ich die meisten davon nicht persönlich kenne, hat mich oft gestört. Die Initialzündung war eine Büromaterialmesse eines Händlers. Auf diese Veranstaltungen bin ich früher oft gegangen, meine Kolleginnen bei der DB Regio AG kannten sie jedoch gar nicht. Als ich zwei Kolleginnen einmal mitgenommen habe, waren sie begeistert. Da wir diese Möglichkeit noch mehr Kolleginnen zugänglich machen wollten, entstand die Idee eines internen Treffens inklusive einer kleinen Hausmesse.
Das erste Vorzimmertreffen durfte ich in 2011 organisieren und es fand großen Anklang. Meine Chefs haben mich in dieser Rolle immer sehr unterstützt und bei Herrn Terhaag wurde es sogar Teil meiner fest definierten Ziele.
Über die Jahre ist die Veranstaltung bei uns immer beliebter geworden und wir haben mehr Werbung für unser Netzwerk gemacht. Neben den regelmäßigen Treffen haben wir ein eigenes Gruppenlaufwerk und einen Newsletter, so fördern wir die digitale Vernetzung. Ich bin stolz darauf, mit den Veranstaltungen wichtige Impulse gesetzt zu haben. Auch aus anderen Vorstandsressorts kam mittlerweile schon die Überlegung, ein Sekretärinnentreffen anzugehen.
Meine Motivation für diese Treffen ist immer äußerst hoch, denn dieses Event ist neben fachlicher Entwicklung auch Teambuilding und Wertschätzung für meine Kolleginnen. Und darauf wollen wir kontinuierlich aufbauen. Es soll demnächst u.a. in unserem konzerninternen Intranet „DB Planet“ eine Gruppe geben für uns, in der wir unseren Austausch noch intensivieren können.
Welche Schwierigkeiten und Hindernisse sehen Sie im Berufsbild im Allgemeinen und speziell bei dem Thema Netzwerk?
Unser Netzwerk aufzubauen bedurfte anfangs einer ordentlichen Portion Überzeugungsarbeit, sowohl bei den Damen selbst als auch bei deren Chefs. Es hat mich einige Runden gekostet, bis alle vom Mehrwert dieses Netzwerks überzeugt waren. Dazu gehörten viel Information und Marketing sowie persönliche Gespräche mit den Vorgesetzten. Ich habe immer sehr transparent agiert und habe die Chefs bei allen Mails, Einladungen etc. auf Kopie gesetzt. Somit waren sie über Agenda, Themenfokus sowie das abschließende Protokoll auf dem Laufenden.
Generell sind meiner Ansicht nach die unterschiedlichen Berufsbezeichnungen eine Herausforderung für unser Berufsbild. Ist „Assistentin“ eine anspruchsvollere Tätigkeit als „Sekretärin“? Und wie ist eigentlich der Vergleich zur „Office Managerin“? Das althergebrachte Klischee von der Sekretärin, die Kaffee kocht, telefoniert und sich die Fingernägel feilt, existiert leider immer noch in vielen Köpfen. Auf meinem 10-jährigen Klassentreffen erzählte ich von meinem Job, als ich mit der Frage konfrontiert wurde, ob ich denn wirklich Abi gemacht hätte, um dann nur als Sekretärin zu arbeiten. Mit Stolz erzählte ich, was ich tagtäglich leiste und meinem Gegenüber blieb dann doch schnell die Stimme weg.
Oftmals stehen wir Sekretärinnen uns auch selbst im Weg, weil wir uns nicht genug Priorität einräumen. Wie aber soll unser Chef uns hoch priorisieren, wenn wir es selbst nicht schaffen? Hier gibt es noch großen Aufholbedarf. Und dazu trage ich gerne mit meiner Stimme bei.
Die große Herausforderung für uns Sekretärinnen wird jedoch die fortschreitende Digitalisierung sein. Welche Tools werden uns Arbeit abnehmen, wo sind weiterhin oder sogar umso mehr unsere Soft Skills gefragt? Hinzu kommen die großen Themen Datenschutz und Cybersecurity, welche Tools dürfen in meiner Firma überhaupt eingesetzt werden? Hier gilt es, kontinuierlich in seine Weiterbildung zu investieren und sich fit für die Zukunft zu machen.
Vielen Dank für das Gespräch
Das Interview führte Diana Brandl.