Kürzlich habe ich eine sehr interessante Diskussion miterlebt: Die Assistenzkraft wurde einem Besucher von ihrem Chef als „gute Seele“ vorgestellt. In dem Austausch empfanden viele diesen Begriff als abwertend, spießig und verstaubt. Ich war etwas erstaunt, denn ich finde ihn gar nicht beleidigend. Wenn man den Ausdruck googelt, findet man unter anderem die folgende Beschreibung: „….. die gute Seele der/des/von… ist eine unverzichtbare Person, die eine Organisation zusammenhält; Person, die sich für ihren Einsatz Anerkennung verschafft hat.“ Also ich finde, dass dies eine schöne Beschreibung ist. Und wenn eine Führungskraft seine Assistenz so vorstellt, schwingt doch sogar Stolz und Wertschätzung mit.
Ein anderes Mal diskutierte ich während eines Workshops mit meiner Tischnachbarin das Thema „Assistenz der Zukunft – welche Kompetenzen sollte sie besitzen?“ Während wir uns über unsere Tätigkeiten austauschten, fiel der Begriff “Sekretariatsaufgaben” und die Kollegin reagierte ein wenig ablehnend, weil sie der Meinung war, dass sich das doch sehr negativ anhören würde.
Warum sind uns Bezeichnungen so wichtig und wieso reagieren wir auf bestimmte Begriffe mit Misstrauen und Widerstand und fühlen uns in eine Schublade gesteckt? Wieso wird oft etwas direkt bewertet und als negativ empfunden? Sind wir einfach zu empfindlich?
Gegen Klischees und Vorurteile kämpfen
Wir wissen doch eigentlich, was wir sind und was wir leisten. Ich gehöre noch zu der Generation, die Steno und auf einer Schreibmaschine das 10-Finger-System gelernt und Nachrichten per Telex verschickt hat. Das war richtiges „Hand“werk ohne eine Rückgängig-Taste oder Office-Programme. Auf meine Ausbildung bin ich stolz und ich stehe hinter der Berufsbezeichnung “Sekretärin”. Leider müssen wir aber immer noch um Anerkennung und gegen Klischees und Vorurteile kämpfen. In Situationen wie oben finden wir uns daher recht schnell in einer Rechtfertigungssituation wieder, damit wir nicht als „Tippse“ abgestempelt werden.
Es gibt immer wieder Diskussionen darum, wie man sich denn nun nennt, und der Ruf nach einer einheitlichen Definition wird laut. Was sind wir also und was unterscheidet uns? Sicherlich ist es für die eine oder andere wichtig, nicht Sekretärin, sondernbeispielsweise Office Managerin genannt zu werden, weil es sich einfach „besser“ anhört. Wichtiger finde ich aber folgendes:
Gibt der Jobtitel die tatsächlichen Aufgaben wieder? Also besteht die Aufgabe einer Sekretärin aus tippen, Ablage machen, kopieren und Kaffee kochen? Nein, die Bezeichnungen spiegeln nicht unbedingt die Wirklichkeit. Es gibt Sekretärinnen, die eine ganze Abteilung inkl. Projekt- und Personalsachbearbeitung stemmen. Es gibt Management-Assistenzen, die keine Sachbearbeitung oder Projektmanagement machen, weil es nicht gefordert ist. Und aus persönlicher Erfahrung kann ich bestätigen, dass eine Sekretärin auf jeden Fall die gleichen Aufgaben innehaben kann wie eine Projektassistenz. Die Berufsbezeichnung Sekretärin ist nicht geschützt und somit kann jeder Arbeitgeber seiner Stellenbeschreibung einen beliebigen Titel geben. Je nachdem, wo wir beschäftigt sind – im Familienunternehmen, Weltkonzern oder bei einem ausländischen Arbeitgeber – es wird eine andere Bezeichnung für unseren Job geben. Mit dieser Bezeichnung wird einfach nur eine Stelle beschrieben und keine Wertung abgegeben.
Anderer Jobtitel = mehr Gehalt?
Das eigentliche Problem sehe ich eher darin, dass in vielen Unternehmen die Gehaltsstufe von der Berufsbezeichnung abhängt. Eine Erhöhung erfolgt erst, wenn die Stellenbeschreibung angepasst wird. Dann ist es wirklich wichtig, ob man als Sekretärin oder Sachbearbeiterin arbeitet. Leider besteht hier noch sehr viel Nachholbedarf und eine Anpassung erfolgt leider oft erst, wenn jemand kündigt und die Stelle neu ausgeschrieben wird. Das kann durchaus frustrieren und demotivieren.
Kämpfen wir also an den richtigen und wichtigen Stellen um die korrekte Beschreibung und versuchen, über manche Aussagen hinwegzusehen oder klarzustellen. Es kommt immer auf den Blickwinkel an und wir selbst entscheiden, ob wir uns aufregen oder nicht.
Wir sind mehr, als manche denken und ich finde es daher ganz wichtig, dass wir zusammen unserem Berufsstand eine Stimme geben und sichtbar machen – egal, ob als Sekretärin, Assistenz oder Office Managerin.
Die Autorin Susanne Winkler wurde 1967 am Niederrhein geboren und lebt heute mit ihrer Familie und zwei Katzen im Rhein-Sieg-Kreis. Nach ihrem Abitur machte sie eine Ausbildung zur Bürogehilfin bei einem großen Düsseldorfer Unternehmen und arbeitet seitdem im Office- und Assistenzbereich. Sie hat schon in der Schule gerne geschrieben und hat über ihre berufliche Netzwerkarbeit bereits Artikel veröffentlicht.