Was passiert, wenn Sie in Ihrem eigenen Zeugnis über eine Formulierung stolpern, mit der Sie nicht einverstanden sind? Seien Sie erst einmal nachsichtig. Es ist gut möglich, dass es sich um einen Irrtum handelt. Weigert sich Ihr Chef aber, ein ungerechtes Arbeitszeugnis zu ändern, sollten Sie nicht aufgeben, denn es geht um Ihre Karriere. Ihr Anspruch auf ein korrektes und wahrheitsgemäßes Zeugnis ist gesetzlich festgeschrieben. Wenn es hart auf hart kommt, können Sie Ihr Recht einklagen.
Ungerechtes Arbeitszeugnis? Ihr Rechtsanspruch auf Berichtigung
Wenn Ihnen Ihr Arbeitgeber ein unrichtiges und ungerechtes Arbeitszeugnis ausstellt, dann sollten Sie im ersten Schritt mit ihm darüber sprechen. Vielleicht hat er bestimmte Sachen gar nicht so gemeint und nimmt bereitwillig Korrekturen vor. Nennen Sie ihm daher ganz konkret die Kritikpunkte, die Sie in Ihrem Zeugnis stören. Wenn Ihnen Ihr Arbeitgeber den Vorschlag macht, dass Sie Ihr Zeugnis selbst erstellen können und es ihm dann zur Fertigstellung zurückgeben, sollten Sie dieses Angebot auf jeden Fall annehmen. Bedenken Sie jedoch, dass Sie keinen Anspruch darauf haben, dass Ihr Arbeitgeber Ihre Wortwahl auch übernimmt.
Wenn das Arbeitszeugnis nach Form und Inhalt nicht den formalen und rechtlichen Anforderungen entspricht, dann haben Sie einen Anspruch auf Berichtigung. Ihr Arbeitgeber ist dann verpflichtet, Ihnen ein neues Zeugnis auszustellen. Bei der Erstellung dieses Zeugnisses ist der Arbeitgeber an den bisherigen, von Ihnen nicht beanstandeten Zeugnistext gebunden. Nur für den Fall, dass dem Arbeitgeber nachträglich Umstände bekannt werden, die Ihre Leistung oder Ihr Verhalten in einem anderen Licht erscheinen lassen, darf er entsprechende Veränderungen vornehmen.
Extratipp: Selbst wenn sich die Verhandlungen über Ihr Arbeitszeugnis Wochen und Monate hinziehen: Das Zeugnis sollte grundsätzlich auf den Tag der ersten Ausstellung datiert sein. Damit vermeiden Sie, dass Ihr neuer Arbeitgeber von der Datierung des Zeugnisses darauf schließen kann, dass es Auseinandersetzungen darüber gegeben hat.
Arbeitszeugnisse – notfalls entscheiden Gerichte
Wenn Ihr Arbeitszeugnis unrichtige Tatsachenbehauptungen oder fehlerhafte Bewertungen enthält, ist es unrichtig. Sie können die Erteilung eines neuen und ordnungsgemäßen Arbeitszeugnisses auch vor dem Arbeitsgericht einklagen. Erteilt Ihnen Ihr Arbeitgeber auf Ihren Wunsch ein qualifiziertes Zeugnis, dann haben Sie Anspruch darauf, dass Ihre Leistung der Wahrheit entsprechend beurteilt wird. Bei der Einschätzung der Leistung hat der Arbeitgeber einen Beurteilungsspielraum, der vom Gericht nur beschränkt nachprüfbar ist. Voll überprüfbar sind dagegen die Tatsachen, die Ihr Arbeitgeber seiner Leistungsbeurteilung zugrunde gelegt hat.
Bekommen Sie ein neues Arbeitszeugnis?
Wenn Ihr Arbeitgeber nicht bereit ist, sein ungerechtes Arbeitszeugnis nach Ihren berechtigten Wünschen zu ändern oder die Ausstellung Ihres Zeugnisses lange verzögert, müssen Sie gerichtlich gegen ihn vorgehen, und zwar rechtzeitig, wenn Sie Ihre Rechte nicht verlieren wollen. Ihren Rechtsanspruch müssen Sie vor dem zuständigen Arbeitsgericht einklagen, bevor Ihr Anspruch verwirkt ist bzw. bestimmte (tarifliche) Ausschlussfristen verstrichen sind. Am besten Sie reagieren gleich innerhalb der nächsten drei Monate. Dann sind Sie gewiss auf der sicheren Seite.
Im Prozess muss Ihr Arbeitgeber – und nicht Sie – beweisen, dass Ihr Zeugnis vollständig und inhaltlich richtig ist. Das bringt Ihnen in der Regel einen kleinen Vorteil ein, wenn Sie gegen ein ungerechtes Arbeitszeugnis kämpfen. Wenn Sie jedoch erreichen wollen, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen eine überdurchschnittliche Leistung bescheinigt, dann müssen Sie dies darlegen und beweisen. Wenn das Arbeitsgericht feststellt, dass Ihr Arbeitszeugnis nicht den Anforderungen genügt, muss Ihnen der Arbeitgeber ein neues ausstellen, eine Korrektur des vorliegenden Zeugnisses reicht nicht aus.
Wenn Sie kein Arbeitszeugnis erhalten
Verlangen Sie von Ihrem Arbeitgeber ein Zeugnis, hat er dies unverzüglich auszustellen und zur Abholung bereitzulegen. Ihr Arbeitgeber darf Ihr Zeugnis nicht zurückhalten, auch nicht weil er vielleicht der Ansicht ist, Sie würden Ihre arbeitsvertraglich geschuldete Leistung nicht erbringen. Den Anspruch auf Erteilung Ihres Arbeitszeugnisses können Sie vor dem Arbeitsgericht einklagen.
Was kostet der Kampf gegen ein ungerechtes Arbeitszeugnis?
Für einen Arbeitsgerichtsprozess müssen Sie in der ersten Instanz keinen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen. Sie können den Prozess selbst führen, Ihre Klageschrift selbst formulieren und selbst vor Gericht auftreten. Bei der Formulierung der Klageschrift helfen Ihnen auch die Rechtsantragsstellen, die bei den Arbeitsgerichten eingerichtet sind.
Wenn Sie rechtschutzversichert sind und Arbeitsrecht mitversichert ist, übernimmt Ihre Rechtschutzversicherung die Kosten für die Klage auf Erteilung oder Berichtigung Ihres Arbeitszeugnisses, die Gerichtskosten sowie die gesetzlichen Anwaltsgebühren. Sind Sie nicht rechtschutzversichert, dann müssen Sie, wenn Sie einen Rechtsanwalt beauftragen, die (in der ersten Instanz) entstehenden Anwaltskosten selbst tragen – auch dann, wenn Sie den Prozess gewinnen. Über die Verteilung der anfallenden Gerichtskosten entscheidet der Arbeitsrichter am Ende des Prozesses.
aus: Backer, Anne: Arbeitszeugnisse: Entschlüsseln und mitgestalten